WEITER KÄMPFEN Bekenntnis gegen Freihandelsabkommen CETA und TTIP

BürgerInnen mit einer klaren Botschaft: Nein zu CETA und TTIP.
BürgerInnen mit einer klaren Botschaft: Nein zu CETA und TTIP.

„Wenn wir unser System nicht ändern, werden sie uns aus unseren Fabriken und Häusern peitschen!“ Diese harten Worten, geträumt vor einigen Wochen, haben Gert Rücker, Geschäftsführer des JMB Fashion Teams, in der Diskussion rund um CETA und TTIP gehörig aufgerüttelt. Auf die Frage, wer „sie“ sind, hat Rücker eine klare Antwort: „Die Opfer unseres derzeitigen Systems.“ Gert Rücker: „Freier Handel unter fairen Bedingungen, ja, darum nein zu CETA und TTIP.“ Der Unternehmer ist ein bekennender Gegner von CETA und TTIP. Er ist Mitinitiator der Bewegung „KMU gegen TTIP“ www.kmu-gegen-ttip.at. Er nimmt sich kein Blatt vor den Mund. Warum Rücker sich das antut? Weil er mit seinem Textilunternehmen die zügellose Globalisierung bereits durchlebt hat. Konkurrenten hat der leidenschaftliche Unternehmer kaum mehr. Zumindest nicht in Österreich. „Für die Bekleidungsindustrie sind CETA und TTIP relativ kleine Probleme. Die Zölle sind bereits moderat. Viel schwerwiegender ist, dass schon jetzt versucht wird, die europäischen Standards zu verwässern. Stichwort REACH, die europäische Chemikalienverordnung, Grund: mangelnde Wettbewerbsfähigkeit“, ist er überzeugt. „Wir haben bereits in den vergangenen Jahrzehnten erlebt, wie es ist, wenn Wirtschaftsräume mit unterschiedlichen Standards ungebremst Waren austauschen. Das hat Österreichs Textilindustrie über 70 Prozent der Arbeitsplätze gekostet.“ „Die Europäische Union hat die Chance, etwas geschichtlich Einzigartiges zu schaffen. Gerade unsere Sozial- und Umweltstandards sind Vorbild für die ganze Welt. Diese Vorreiterrolle wird durch CETA und TTIP gefährdet“, ist Rückers Standpunkt. Rücker weiter: „In der aktuellen Fassung und Berechnung von wirtschaftlichen Kennzahlen durch CETA bleiben z.B. die Auswirkungen durch verstärkten Warenverkehr auf die Klimaproblematik ausgenommen. Wenn schon freier Handel, dann unter Berücksichtigung dieses Themas.“ Der Textilunternehmer stellt sich schließlich die Frage: „Wie wird der Konsument entscheiden, wenn er vorm Regal steht? Wie entscheidet er im Bekleidungsbereich? Für gentechnikfreies Garn, menschliche Arbeitsbedingungen, für ökologisch verträgliche Produktion, oder für den billigsten Preis? Wie wird das bei Lebensmitteln sein?“ Und außerdem: „Wir haben eine sehr positive Handelsbilanz mit Kanada und den USA. Warum brauchen wir also CETA und in weiterer Folge TTIP?“ Gert Rücker gibt sodann die Antwort auf seine rhetorische Frage: „Sicher nicht für uns KMU!“ Der Investorenschutz werde zu vermehrten Klagen von globalen Unternehmen gegen Regierungen führen. „Es zeigt sich, dass mit der Zahl an Freihandelsabkommen auch die Zahl der Klagen steigt.“ Nicht nur bei Produkten und Dienstleistungen, auch bei der Energie- und Ressourcengewinnung. Stichwort: Fracking. Vieles stieß Gert Rücker im Zuge seiner vertiefenden Beobachtungen sauer auf. Das anfängliche Unbehagen wich einem wissentlichen Dagegenhalten. Geheimverhandlungen bis zuletzt, Schiedsgerichte bestehend aus bezahlten Anwälten und skurril anmutende Anhänge und Zusätze zum Abkommen, die letztlich das Ergebnis des öffentlichen Protestes waren – vieles spräche für ein Dagegensein. „Wir entfernen uns zunehmend von lebensnahen Prozessen und kommen durch Preise und Qualitäten – entstanden durch unterschiedliche Standards – immer mehr unter Druck. Die Bekleidungsindustrie hat bewiesen, dass billige Transporte und die Missachtung menschlicher Grundbedürfnisse Arbeitsplätze vernichten“, so Gert Rücker. Was die Welt brauche, sei wieder mehr Verantwortung, nicht weitere Regelwerke, die nationale Standards unterlaufen. „Sonst werden sie uns aus unseren Fabriken und Häusern peitschen!“

Roman Schmidt 